persönlich - Interne Kommunikation: welche Touchpoints wirklich wirksam sind - Oktober 2021
Täglich prasselt auf die Mitarbeitenden eine unübersichtliche Menge an Informationen ein. Das Gebot der Stunde ist Vereinfachung. Eine Fokussierung auf wenige, aber relevante Touchpoints erlaubt eine effiziente und effektive Kommunikation mit den Mitarbeitenden.
Autoren: Catherine Ammann und Dr. Andreas Jäggi

Abbildung 1: Das Gespräch mit der Chefin wird als der glaubwürdigste Touchpoint mit dem Unternehmen erlebt.
Interne Kommunikation im Umbruch
Die interne Kommunikation befindet sich im Umbruch: Digitale Kanäle etablieren sich, die Top-down- und die Bottom-up-Kommunikation verändern sich, und die Erwartungen und Bedürfnisse der Mitarbeitenden wandeln sich. Damit wächst die Herausforderung, der Kernaufgabe der internen Kommunikation gerecht zu werden – nämlich: Mitarbeitende über die richtigen Touchpoints mit den relevanten Inhalten zu informieren und zu engagieren.
Im diesjährigen Perikom-Faktencheck wollten wir wissen, welche Touchpoints in der Kommunikation mit den Mitarbeitenden am meisten genutzt werden und als am relevantesten angesehen werden. In einem ersten Schritt wurde eine Liste von 49 Touchpoints der Kommunikation mit Mitarbeitenden ermittelt. Dabei wurden nicht nur interne, wie zum Beispiel Informationsveranstaltungen oder das Intranet, einbezogen, sondern auch externe, wie Werbeanzeigen.
An der Studie nahmen mit SBB, Clariant und Lindt & Sprüngli drei namhafte Schweizer Unternehmen teil. Diese ermöglichten uns ein grosses und sehr diverses Befragungssample (Blue Collar Worker und White Collar Worker). Insgesamt konnten so knapp 900 Interviews für den Faktencheck 2021 erhoben werden. Eine solch umfassende und valide Touchpoint-Analyse ist einmalig in der Forschung rund um die interne Kommunikation.
Identifikation der Schlüssel-Touchpoints
Mithilfe von Optimierungsalgorithmen haben wir über alle Phasen des Informationsprozesses der Mitarbeitenden hinweg die zentralen Schlüssel-Touchpoints ermittelt. Mittels dieser Erkenntnisse können wir auf die relevanten und zentralen Touchpoints der internen Kommunikation fokussieren:
Gespräch mit Vorgesetzten, Gespräch mit Kollegen, Gespräch mit Familie/Freunden, Gespräch mit CEO, Video von CEO, Meeting und Intranet. Nachfolgend werden diese Erkenntnisse genauer erläutert und in einen praxisrelevanten Kontext eingebettet.
Intranet zentral für die Informationsbeschaffung
Auf die Frage, welchen Touchpoint Mitarbeitende benutzen, wenn sie sich näher informieren wollen, liegt das Intranet vorne. Gleich dahinter fungiert das Gespräch mit den Vorgesetzten und den Kollegen. Ebenfalls als sehr wichtig werden Videobotschaften des CEOs angesehen – was vermutlich
gerade in Zeiten von Corona einen immensen Aufschwung erlebt hat. Fragt man jedoch, wo die Mitarbeitenden das erste Mal mit einem Thema in Berührung kommen, dann liegt an der ersten Stelle das Gespräch mit dem Vorgesetzten.
Bedeutung des Gesprächs mit dem Vorgesetzten ist ungeschlagen
Auffallend ist die zentrale Rolle des Gesprächs mit dem Vorgesetzten. Dieser Touchpoint erzielt in allen Phasen des Informationsprozesses Spitzenwerte. So werden Gespräche mit den Vorgesetzten – sei es in einer Teamsitzung oder in einem One-to-one – als äusserst glaubwürdig und relevant erlebt, wenn es um die Veränderung einer Meinung oder des Verhaltens geht.
Die reichweitestärksten und beliebtesten Touchpoints

Abbildung 2: Die im oberen rechten Quadranten aufgelisteten Touchpoints spielen bezüglich Reichweite und Relevanz die wichtigste Rolle in der internen Kommunikation.
Unterschiede zwischen den Mitarbeitenden: Alte nutzen generell mehr Touchpoints als Junge
Der Faktencheck hat auch erhoben, welchem Mitarbeitertyp die Befragten (Motivierte, Angepasste, Minimalisten und Desillusionierte) angehören und ob sich hier grössere Unterschiede festmachen lassen. Eine zentrale Erkenntnis war: Je extrovertierter eine Person ist, desto mehr Touchpoints
benutzt sie.
Eine grosse Überraschung der Untersuchung besteht in der Feststellung, dass ältere Mitarbeitende mehr den digitalen Kanälen zugewandt sind. Damit wird ein Vorurteil widerlegt, dass jung gleich digital bedeutet. Diese Erkenntnis kann auch dahingehend interpretiert werden, dass jüngere Mitarbeitende sich generell weniger stark informieren, während die älteren aufmerksamer betreffend neuer Informationen sind.
Unterschiedliche Kontexte für die Touchpoint-Analyse
Selbstverständlich gibt es kleinere Abweichungen in der Reichweite und der Relevanz einzelner Touchpoints, wenn man diese differenziert hinsichtlich der transportierten Inhalte. So haben wir das Sample der Befragten aufgeteilt in einen Teil, der die Touchpoint-Analyse in Bezug auf «Relationship»-Themen beantwortet hat (denken Sie bei der Beantwortung an Themen, bei denen es um die Unternehmenskultur geht), und in einen anderen Teil, der sich an «Alignment»-Themen, also an Inhalten über die Unternehmensstrategie, orientiert hat. Die Unterschiede der Resultate waren aber nicht ausgeprägt (Detailresultate im ausführlichen Bericht online).
Relevanz für die Praxis im Unternehmensalltag
Was bedeuten nun die Ergebnisse der Studie für die Praxis? Wir haben die Resultate einer Gruppe von zehn Kommunikationsverantwortlichen zur Diskussion vorgelegt. Sie waren sich einig, dass die von den Kommunikationsverantwortlichen bewirtschafteten Touchpoints der Mitarbeitendenkommunikation (Intranet, Infoveranstaltung usw.) zwar Aufmerksamkeit für ein Thema erzeugen. Für eine Verhaltensänderung der Mitarbeitenden reicht dies jedoch nicht aus. Es braucht die Kommunikation von Vorgesetzten und Kolleginnen und Kollegen. Hier wird das grösste Potenzial der internen Kommunikation erkannt. Doch der Weg dahin scheint weit und schwer, Konzepte dafür sind in der Praxis selten, und wie oft fehlen die Ressourcen. Doch ohne den Einbezug der Führungskräftekommunikation und der Kommunikation in internen Netzwerken unter
den Mitarbeitenden selbst wird es die Unternehmenskommunikation nicht schaffen, eine wirklich wertschöpfende interne Kommunikation zu etablieren.
Identifikation der Schlüssel-Touchpoints

Abbildung 3: Mithilfe eines Optimierungsalgorithmus wird die optimale Touchpoint-Kombination über den Informationsprozess der Mitarbeitenden berechnet. Mit diesen sieben Touchpoints werden 95.9% der Mitarbeitenden erreicht; sie kommen durchschnittlich mit knapp fünf Touchpoints in Berührung.
Take-aways
- Die internen Kommunikationskanäle wie Intranet, Mitarbeiterzeitung oder Newsletter generieren zwar viel Reichweite, haben aber eine eher tiefere Relevanz.
- Das persönliche Gespräch, sei es mit Kollegen oder Vorgesetzten, ist zentral, wenn es um die Verankerung von Botschaften geht.
- Entgegen der typischen Faustregel «Je jünger, desto digitaler» werden mit zunehmendem Alter mehr digitale Touchpoints genutzt.
- Die Unterschiede zwischen Blue Collar Worker und White Collar Worker sind eher marginal: Überraschend war, dass Blue Collar Worker ähnlich viele digitale Touchpoints nutzen wie White Collar Worker.
Eckdaten der Studie
Die Studie «Faktencheck 2021: Touchpoints in der Kommunikation mit Mitarbeitenden» wurde gemeinsam durch Perikom, die HWZ und Accelerom erarbeitet. Mit einem standardisierten, durch die Universität Zürich validierten Fragekatalog wurden im März 2021 online 891 Mitarbeitende bei SBB, Lindt & Sprüngli und Clariant befragt. Die durchschnittliche Interviewdauer betrug 18 Minuten.