Sonntagszeitung, 17.03.2013 - Autorin: Nicole Kircher
Wer heute nach einer Digitalkamera oder einer Designerlampe sucht, findet über die Internetsuchmaschine Google eine Reihe von Anbietern. Noch bezahlen Händler nichts, um bei Google gelistet zu werden. Ein wertneutraler Suchalgorithmus entscheidet über die Reihenfolge. Doch das wird sich ändern. Aktuell überarbeitet der Internetriese seine Produktsuche «Google Shopping» in gut einem Dutzend Ländern – auch in der Schweiz. Wenn Konsumenten künftig ein Produkt bei Google Shopping anklicken und im Onlineshop des entsprechenden Anbieters landen, erhält Google dafür Geld. Die Produktsuche wird bis Juni 2013 sukzessive auf ein kommerzielles Modell umgestellt. Wie die SonntagsZeitung weiss, führt Google in diesen Tagen mit verschiedenen Schweizer Detailhändlern Gespräche. Google bestätigt: «Derzeit befinden wir uns in der Umstellungsphase, wo Gratisangebote und die neuen, bezahlten Einträge auf der Website noch gemischt sind», sagt ein Sprecher. Erfahrungen in den USA hätten gezeigt, dass die Qualität steige, sobald die Einträge kostenpflichtig seien.
Druck auf die Preise nimmt durch Vergleiche zu
Christoph Spengler, Chef der Beratungsfirma Accelerom, sagt: «Google vollzieht damit den ersten Schritt von der Suchmaschine zu einem globalen Einkaufszentrum.» Er ist überzeugt, dass Google mit dem neuen Angebot reüssieren wird. Bereits sind Elektronikketten wie Digitec oder Microspot bei der bisherigen Version von Google Shopping präsent, aber auch Auktionshäuser wie Ricardo.ch. machen mit. Patrick Kessler, Präsident des Versandhandelsverbandes, rät auch seinen Mitgliedern mitzumachen: «Nachdem die meisten Händler bei Preissuchmaschinen oder anderen Marktplätzen ihre Produkte anpreisen, liegt es nahe, dass sie das auch bei Google Shopping tun.» Google verspricht, bei der Suche auch künftig nicht nur finanzielle Aspekte zu berücksichtigen, sondern eine Vielzahl von Kriterien anzuwenden. Im Klartext: Eine gute Platzierung soll nicht einfach erkauft werden können. Kessler ist der Meinung, dass bei guter Qualität eines Shops die Anzeigen bei Google «zu einem vernünftigen Preis zu bekommen» sein werden.
Für andere Preisvergleichsportale dürfte Googles Vorstoss ein Problem werden – bisher haben diese Unternehmen quasi gratis von der Google-Indexierung profitiert. Der Versandhandel hingegen fühlt sich nicht bedroht. «Natürlich erhöht eine bessere Vergleichbarkeit den Druck auf die Preise, aber dieses Phänomen ist nicht neu», sagt Kessler. Mit Google Shopping führt die Suchmaschine weiter, was sie auch in anderen Bereichen wie beispielsweise der Reisebranche bereits
vollzogen hat. Experte Spengler geht davon aus, dass Google schon bald den nächsten Schritt in Angriff nehmen könnte: eigene Bezahldienste. «Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Google die Bezahlung der Ware auf der eigenen Website anbieten wird.» Tobias Lux, Sprecher der eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma), erklärt: «Für eine reine Verkaufsplattform ist keine Bewilligung nötig.» Nur wenn eine Gesellschaft Finanzdienstleistungen in oder von der Schweiz aus anbiete, benötige sie eine entsprechende Bewilligung durch die Finma.
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