Handelszeitung, 2013/13 - Autor: Olivier Kessler
Christoph Spengler, Gründer und Inhaber von Accelerom, ist es immer noch ungeheuer. «Als vor Jahren das erste Mal globale Multis wie BMW oder Microsoft bei uns angeklopft haben, waren wir schon ein wenig überrascht», blickt er zurück. Sein kleinflächiges Büro im Technopark Zürich bietet gerade einmal Platz für acht Personen. Diese helvetische Minitruppe soll internationale Megakonzerne in Marketing-Belangen beraten? Das Unternehmen beschäftigt zwar auch Consulting-Partner in Deutschland, England, Frankreich, den Niederlanden und Österreich. Insgesamt sind aber nur 16 Angestellte für die Firma tätig.
Die Ergebnisse lassen sich scheinbar sehen. «Verdammt valide», ist laut Spengler das Feedback eines grossen Partners gewesen, nachdem dieser mit unzähligen Experten die Strategieempfehlungen von Accelerom auf Herz und Nieren geprüft habe. Der Beratungs- und Research-Spezialist bietet seinen Kunden auf sie individuell zugeschnittene wissenschaftlich fundierte Marketing-Lösungen.
17 Interaktionen vor Kaufentscheidung
Heute stellt sich für jede Firma die Frage, wie sie ihr Budget auf die unzähligen verschiedenen Möglichkeiten aufteilen soll. «Im Durchschnitt kommt es vor einem Kauf zu 17 Interaktionen über unterschiedlichste Kanäle», weiss Christoph Spengler. Macht eine Plakat- oder Inseratkampagne Sinn? Soll man einen täglichen Newsletter machen? Ist eine Präsenz auf Preisvergleichsportalen Pflicht? Ist ein Webshop von Vorteil? Oder muss man auf Social-Media-Plattformen wie Facebook oder Twitter setzen? Bei diesen Fragestellungen kommt Accelerom ins Spiel.
Das Team erforscht im Chaos der neuen Kommunikationswelt, auf welchen Kanälen man bei potenziellen Käufern wirklich Aufmerksamkeit erregen kann und wie sich diese informieren, bevor sie sich für einen Kauf entscheiden. Dies wird jeweils kundenindividuell, abgestimmt auf Strategie und Unternehmensziele, untersucht. Käme beispielsweise Ferrari zu Accelerom, dann würde die Firma die zu befragende Gruppe so einschränken, dass sie auf den typischen Ferrari-Fahrer zutrifft – exklusiv, sportlich unterwegs, kaufkräftig. Anhand der Ergebnisse kann eruiert werden, welche Kommunikationskanäle (sogenannte Touchpoints) für Ferrari wichtig sind, um am effektivsten an potenzielle Käufer zu gelangen.
Accelerom offeriert ein Management-Konzept namens 360°Touchpoint. Damit finden Partner heraus, wo und wie oft die Zielgruppe vor einer Kaufentscheidung mit dem Unternehmen und den Produkten in Kontakt tritt. Diese Faktenbasis ermöglicht gemäss Spengler ein optimales Multichannel-Management ohne Streuverlust – von Vertrieb und Marketing über Kommunikation bis hin zum Service.
Die Firmenvertreter würden jeweils vor der Auswertung gefragt, welche Kommunikationskanäle sie als die wichtigsten einschätzten. «Unsere Kunden tippen im Durchschnitt nur drei der zehn wichtigsten Touchpoints richtig», beschreibt Spengler die Unsicherheit in der Marktbearbeitung. Diese Dissonanz zwischen der persönlichen Einschätzung und der Realität zeige, dass es wichtig sei, sich nicht allein auf das Bauchgefühl zu verlassen, sondern wissenschaftlich zu evaluieren, wie der Marktbearbeitungsmix auszusehen habe, damit der Return on Investment (ROI) maximiert werden könne. «Kundenprojekte der letzten Jahre haben gezeigt, dass sich mit dem gleichen Budget bis zu 30 Prozent Mehrumsatz generieren lässt», sagt der Accelerom-Chef.
In den Untersuchungen sei zudem herausgekommen, dass die Aktivitäten von Firmen auf sozialen Netzwerken oftmals überschätzt würden. Für Christoph Spengler stellt sich generell die Frage, wieweit Social Media kommerzialisierbar sind. «Es ist doch auch im echten Leben komisch, wenn man sich auf dem Dorfplatz mit jemandem unterhält und einem dann plötzlich jemand anderes auf die Schultern klopft und sagt: Hallo, ich bin die neue Mayonnaise. Like mich doch.» Auch wenn es um Produkteinführungen gehe, seien soziale Kanäle nur in gewissen Fällen geeignete Berührungspunkte mit den Endkonsumenten.
Prognosen neu wie Wettervorhersagen
Die Entwicklung des 360°Touchpoint-Konzepts begann bereits vor zehn Jahren – rund ein Jahr vor der Firmengründung. Neu ist nun, dass Accelerom auch wissenschaftliche Zukunftsprognosen erstellt. Weil der Spezialist schon über 50 000 Berührungspunkte untersucht hat, kann er auf ein breites Wissen über das Kaufverhalten von verschiedenen Personengruppen zurückgreifen. Das wird möglich, indem Datensätze aus der Vergangenheit mit aktuellen Befragungen verglichen werden. Daraus können Prognosen für kommende Entwicklungen abgeleitet werden. «Etwa so, wie die Meteorologen das Wetter vorhersagen», meint Spengler. Der Accelerom-Chef erklärt, wie das geht: «Wenn unser Kunde die 40-Jährigen als seine Kernzielgruppe definiert, können wir abschätzen, welche Charakteristiken diese Personen in fünf Jahren an den Tag legen und wie sie einkaufen werden.»
Zu den weiteren Neuerungen zählt, dass der Benutzer der 360°Touchpoint-Methodik nun die einzelnen Kommunikations-und Verkaufsmassnahmen besser miteinander vergleichen kann. Um das zu ermöglichen, wird für jeden einzelnen Berührungspunkt die international verwendete Media-Leistungskennzahl Gross Rating Point (GRP) ausgewiesen. Dabei handelt es sich um eine Währung, mit der man feststellen kann, welche Bedeutung eine gewisse Massnahme für die Kaufentscheidung des Konsumenten hat. GRP stellt die Brutto-Reichweite in Prozent innerhalb des Zielgruppenpotenzials dar. So können Roadshows, Kundengeschenke, persönliche Empfehlungen und Online-Banner gegeneinander abgewogen werden, weil jedes Instrument einen gewissen Wert in GRP ausweist. In der Praxis sieht dies laut Spengler zum Beispiel folgendermassen aus: Jeder zweite Käufer habe die Fernsehwerbung des Einzelhändlers drei Mal gesehen (50 Prozent Käuferreichweite mal 3 Kontakte gleich 150 GRP); gleichzeitig habe jeder zweite Käufer nach der Interessenweckung drei Mal die Preise auf Vergleichsportalen geprüft (50 Prozent Käuferreichweite mal 3 Kontakte gleich 150 GRP). «In diesem Fall erreicht also die Fernsehwerbung bei der Zielgruppe gleich viele GRP wie die Preisvergleichsportale», sagt Spengler. Oftmals kommt man durch diese Gesamtübersicht zum Schluss, dass man an falschen Berührungspunkten aktiv ist und die zentralsten Stellhebel vernachlässigt.
Da sich jeder Marketing-Leiter diese Wirkungstransparenz wünscht, lassen sich die Unternehmen diese Analyse- und Beratungsdienstleistung etwas kosten. Wie viel Accelerom damit verdient, will Christoph Spengler nicht preisgeben. Je mehr Firmen allerdings den Wert eines faktenbasierten Marketings erkennen, desto lauter dürften beim 360°Touchpoint-Spezialisten die Kassen klingeln.
Accelerom, Aus dem Technopark Zürich in die Welt
Spezialist Accelerom ist ein international tätiges Beratungs- und Research-Unternehmen mit Sitz im Technopark Zürich. Es wurde 2004 von Christoph Spengler gegründet und bedient Kunden in sämtlichen Ländern Europas. Die Firma ist spezialisiert in der Maximierung der Effizienz und Effektivität bei den Themen Marktbearbeitung, Markenführung, Innovation, Transformation sowie Investitionssteuerung. Seit neun Jahren verzahnt Accelerom Managementpraxis, crossmediale Marketing-Forschung sowie moderne Analyse- und Visualisierungstechnologie.
Auftraggeber Zu den Kunden zählen mittelständische Unternehmen, multinationale Konzerne sowie der öffentliche Sektor, dies in den Bereichen Business-to-Consumer (B2C) sowie Business-to-Business (B2B). Die Liste der namhaften Kunden umfasst zum Beispiel BMW, Emmi, Gore-Tex, Kuoni, Marionnaud, Microsoft, Post, Ricola, SBB, Swisscom, TCS oder Toshiba.
Kooperationen Accelerom kooperiert im Rahmen von Forschungs- sowie Praxisprojekten zum Thema Touchpoint-Management mit dem Institut für Publizistikwissenschaft und Medienforschung (IPMZ) der Universität Zürich. Zudem fördert die Kommission für Technologie und Innovation (KTI) des Bundes im Rahmen anwendungsorientierter Forschung und Entwicklung beispielsweise die webbasierte Analyseund Planungsplattform Marketconnex des Zürcher Spezialisten Accelerom.
Accelerom Team
Artikel, die unter dem Profil "Accelerom Team" publiziert werden, sind in Zusammenarbeit mehrerer Mitarbeiter entstanden oder es handelt sich um Gastbeiträge.